Es ist spät in der Nacht und ich sitze am Laptop und versuche Gedanken und Emotionen in Worte zu fassen.
Relativ schwer, denn Emotionen gibt es bei mir kaum noch.
Entweder liegt es an der Erschöpfung oder aber an den Pillen, die mich systematisch aufbauen sollen und gleichzeitig abstumpfen lassen.
Anhand der Kopfschmerzen spüre ich, dass ich noch lebe.
Alles andere, egal was, ist nicht real.
Die Traumwelt hat mich wieder.
Ab heute eine Woche Urlaub.
Die Gelegenheit dazu, endlich mal all das Liegengebliebene zu erledigen.
Ob ich das schaffe – wenn auch nur Bruchstücke davon – steht in den Sternen.
Musik ist das, was mich träumen lässt.
Mit Musik kreisen meine Gedanken nur um schöne Dinge.
Phantasien, die sich auch um Dich drehen.
Es ist schon erschreckend, was du noch immer in mir auslösen kannst.
Ich habe dich mehrere Wochen von mir fern gehalten, weil mir die Kraft fehlte, dich zu „ertragen“.
Doch entweder ist es Berechnung oder aber Verzweiflung, die dich zu solchen Worten und Taten treibt.
Am 14.3., also vergangenen Mittwoch, hattest du mich an einem wunden Punkt getroffen.
Das Gefühl in mir.
Du hast es geschafft mich spät abends noch aus dem Haus zu locken, da du nicht mehr nach Hause wolltest, zu viel Stress hast und mich brauchst.
Ich gab nach.
Du fuhrst mit mir auf „unsere“ Lichtung.
Reden wolltest du, doch gesprochen wurde nicht viel.
Schweigen umgab uns.
Die Nacht war klar, klarer als unser Verhalten aber genauso kühl.
Die Wandlung von Verzweiflung hin zur Boshaftigkeit war bemerkenswert.
Scheinbar hatte ich vergessen, wie gut du den Schalter in dir umlegen kannst.
Seitdem habe ich von dir nichts mehr gehört oder gesehen.
Du hattest sicher ein anstrengendes Wochenende hinter dir, schließlich wurde dein Sohn ein stolzes Jahr alt.
Möglich ist aber auch, dass du dir am Donnerstag nur deine, an mich gerichteten, Nachrichten durchgelesen hast und bemerktest, welche Zugeständnisse du von dir gegeben hattest.
Kam der Vergleich zur Realität vielleicht in dir auf?
Erschreckende Unterschiede, nicht wahr?
Die Widersprüche, die Unklarheiten, die plötzlichen Sinneswandel…
Du allein weißt, zu welch groben Unfug du mich treiben kannst und es meist auch tust.
Selbst wenn mein Schlafbedürfnis in den vergangenen Wochen stärker war als mein Verlangen nach deiner Nähe, so hattest du mich doch auf der sicheren Seite.
Als Freundin.
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Die letzten Wochen waren für mich nicht leicht.
Im Beruf gibt es mehr Probleme als denkbare Lösungen, familiär sieht es nicht anders aus.
Der Freundeskreis wurde von mir wiedermal aussortiert und die wirklich wichtigen Menschen sind kaum erreichbar.
Auch wenn ich seit Jahren eine Einzelgängerin bin, so fehlt mir doch mitunter eine vertraute Person zum Aussprechen.
Du bist mein Vertrauter, doch kann ich ja schlecht mit dir über dich reden.
Und in die anderen Situationen willst du dich momentan auch nicht rein versetzen, da es dir nicht anders ergeht.
Meine Ablehnung spürst du, aber die Gründe kennst du nicht.
Vielleicht sollten wir doch mal wieder „ernsthaft“ miteinander reden?
Die vollkommene Überlastung, diese Abgestumpftheit meinerseits wirken auf dich rotzig und befremdlich.
Na klar, woher willst du auch wissen was alles geschah in den vergangenen Monaten?
Du warst ja nie wirklich dabei, aber meist ein Grund zur Aufgabe aller Taten.
Ich beobachtete schon immer gern die Menschen in meiner Umgebung.
Daran hat sich auch seit je her nichts geändert.
Nur bin ich mittlerweile nicht nur älter, sondern tatsächlich auch reifer geworden.
Habe die Ruhephasen genutzt um mich selbst zu finden – jedenfalls einen Teil von mir – und mich kennenzulernen.
Dies änderte auch mein Denken, leider nicht das unüberlegte spontane Handeln.
Fazit der Beobachtungen ist jedenfalls, dass es immer weniger echte Gefühle nach außen hin gibt.
Viele spielen ihre Spielchen, leben oberflächlich und sehr materiell eingestellt, basteln eine Mauer um sich herum und strotzen mit dieser hochgemauerten Fassade den Schwierigkeiten des Lebens.
Auch dir habe ich genau das vorgehalten und seltsamerweise hast du mir nicht widersprochen.
Vielleicht weil sich das Abstreiten bei etwas so Offensichtlichem nicht lohnt.
Und generell gesehen umgebe ich mich nahezu täglich mit solch emotionslosen Menschen und passe mich ungewohnt, sozusagen erprobungshalber, meiner Umwelt an.
Es funktioniert tatsächlich.
Mit dieser Unnahbarkeit erregt man das Interesse der Anderen.
Ist dies erstrebenswert?
Klar und deutlich: Nein!
Aber es erleichtert in der Tat einiges.
Man wird nicht haushoch von Vermutungen und Unterstellungen erschlagen, kann nicht angegriffen werden, weil man sich ja für nichts Gesagtes und nichts Getanes rechtfertigen muss.
Alles schön im Hintergrund lassen, dabei abstumpfen und in gefühlsmäßiger Einsamkeit versumpfen.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Leben.
Doch es hilft.
Mir auf jeden Fall im Berufsleben.
Die Kollegen haben keine Angriffsfläche mehr, weil sie von mir rein gar nichts Privates erfahren.
Am Beruflichen können sie gern kritisieren, allerdings kann eine an Burn Out Erkrankte nicht für alle Fehler zur Verantwortung gezogen werden.
An Versuchen meinerseits mangelt es ja nicht, gute Arbeit zu leisten.
Doch anhand schon meiner verloren gegangenen Grammatik sieht man ja deutlich, dass irgendetwas nicht stimmt.
Auf was will ich eigentlich hinaus?
Ganz einfach: ich brauche Hilfe.
Hilfe in jeder Lebenslage.
Hilfe von dir, Hilfe von anderen Personen.
Hilfe zum Leben, für den Alltag, für den Job, für die Liebe, für die Freiheit.
Doch wirst du noch für mich da sein?
Ich werde es merken, vielleicht schon heute nach dem „Kinds-Wochenende“.
Vielleicht meldest du dich nachher bei mir, vielleicht aber auch nicht.
19.03.2012 / 02:19 Uhr