Samstag, 12. März 2011

Die Erkenntnis



Ich vermisse ihn sehr, er nicht mehr hier.
Hätte ihn gern wieder bei mir.
Doch sicher ist sicher, er kommt nicht zurück.
Wir fanden zusammen kein gemeinsames Glück.

Ich wollte ihn anders, nicht so wie er is´,
nun wo er weg ist, ich seine Art sehr vermiss´.
Er denkt noch an mich, das weiß ich genau,
auch ohne Ehe war er mein Mann und ich seine Frau.

So schreib er mir eines Tages folgende Zeilen,
mit der Bitte, drüber zu verweilen:

Er war männlich, verwegen, er war frei und hatte lange Haare.
Seine Frau lernte ihn kennen, nicht umgekehrt.
Sie stelle ihm förmlich nach. Egal wo er hinkam, sie war schon da.

Das ist nun 14 Jahre her.


Damals war er eingefleischter Motorradfahrer,
trug nur schwarze Sweatshirts, ausgefranste Jeans und Bikerstiefel

- und er trug lange Haare.

Selbstverständlich hatte er auch ein Outfit für besondere Anlässe:
Dann trug er ein schwarzes Sweatshirt, ausgefranste Jeans und weiße Turnschuhe.

Hausarbeit war ihm ein Gräuel, dem er wann immer es möglich war aus dem Weg ging.
Doch er mochte sich und sein Leben.
So also lernte sie ihn kennen: „Du bist mein Traummann, Du bist so männlich, so verwegen und so frei!“ sagte sie ihm.
Nun, mit der Freiheit war es alsbald vorbei, da sie beschlossen zu heiraten.


Warum auch nicht. Er war männlich, verwegen, fast frei – und hatte lange Haare.

Allerdings nur bis zur Hochzeit.
Kurz vorher hörte man sie sagen: „Du könntest wenigstens zum Friseur gehen, schließlich kommen meine Eltern zur Trauung.“
Stunden, nein Tage später und endlose Tränen weiter, gab er nach und ließ sich eine modische Kurzhaarfrisur verpassen. Schließlich liebte er sie. Und er sagte sich: „Was soll’s, ich bin männlich, verwegen, fast frei und jetzt ist es kalt auf meinem Kopf!“
Und er war soooo lieb. "Schatz ich liebe Dich so wie Du bist." hauchte sie.


Das Leben war in Ordnung, obwohl es auf dem Kopf etwas
kühl war. Es folgten Wochen friedlichen Zusammenseins, bis seine
Frau eines Tages mit einer großen Tüte unterm Arm vor ihm stand. Sie
holte ein Hemd, einen Pullunder und eine neue Hose hervor und sagte:" Probier
das bitte mal an." Tage, Wochen, nein Monate und jede Menge Papiertaschentücher weiter gab er nach, und trug Hemden, Pullunder und Stoffhosen.
Es folgten schwarze Schuhe, Sakkos, Krawatten und Designermäntel. Aber er war männlich, verwegen, tot-chic und es war kalt auf seinem Kopf.

Dann folgte der größte Kampf. Der Kampf ums Motorrad.
Allerdings dauerte er nicht sehr lange, denn im
schwarzen Anzug der ständig kniff und zwickte ließ es sich nicht so gut
kämpfen. Außerdem drückten die Lackschuhe, das machte die Sache auch nicht einfacher.


Doch er sagte sich: „Aber was soll`s, ich bin männlich, spießig, fast
frei, ich fahre einen Kombi, und es ist kalt auf meinem Kopf.“

Mit den Jahren folgten viele Kämpfe, die er allesamt
in einem Meer von Tränen verlor. Er spülte, kaufte ein,
lernte deutsche Schlager auswendig, trank lieblichen Rotwein und ging
Sonntags spazieren. Was soll`s dachte er sich: „Ich bin ein Weichei,
gefangen, fühle mich sche***e und es ist kalt auf meinem Kopf.“

Und eines schönen Tages stand seine Frau mit gepackten Koffern vor ihm und sagt:
„Ich verlasse dich!“. Völlig erstaunt fragte er nach dem Grund. Und sie sagte ihm:
„Ich liebe dich nicht mehr, denn du hast dich so verändert. Du bist nicht mehr der Mann, den ich einmal kennengelernt habe.“


Neulich erzählte er mir, dass er sie wieder getroffen habe. Ihr „Neuer“ ist ein langhaariger Biker mit zerrissenen Jeans und Tätowierungen, der ihn mitleidig ansah.

Und er nahm sich vor: „Ich glaube, ich werde ihm eine Mütze schicken!“



Und man erkennt auch hier die Moral von der Geschicht`.

Ihr Männer verändert Euch besser nicht!

Sich zu verbiegen hat gar keinen Zweck,

denn plötzlich ist die holde Gattin weg.

Da macht man(n) und tut man(n) und ist doch arm dran,

wird vom Easy Rider zum Biedermann

und erkennt: „Das Alles war zu gar nichts nütze –

was bleibt, ist für den kalten Kopf eine Mütze.



Ich las es genau, die Fehler von mir,
jetzt weiß ich warum er ging…weit weg von hier.

(in Erinnerung an eine besondere Person die mir viele Jahre widmete)

23.01.2009 / 01:33

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